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Fällung und Schnitt von Gehölzen

Waren Sie auch schon einmal in heller Aufregung, weil alte Straßenbäume gefällt wurden oder der Nachbar die Hecke gerodet hat, in der immer so viele Vögel saßen?

Gesunde Straßenbäume dürfen ohne triftigen Grund im Sommer nicht gefällt werden.
Gesunde Straßenbäume dürfen ohne triftigen Grund im Sommer nicht gefällt werden. Foto: © Ursula Bauer

Es ist immer ein Verlust, wenn Gehölze wegfallen. Zumal Bäume und Sträucher nicht nur wichtige Lebensräume für Tiere darstellen, sondern auch hübsch aussehen, Sicht- und Sonnenschutz bieten, unsere Luft reinigen und vieles mehr. Daher sollte man wissen, was erlaubt ist und wie man illegales Beschneiden oder Fällungen verhindern kann.

Die gesetzlichen Grundlagen

Im Bundesnaturschutzgesetz finden sich unter anderem diverse Verbote zum Schutz wildlebender Tiere. Bäume und Sträucher sind für viele Wildtiere vor allem im Sommerhalbjahr enorm wichtig. Sie werden zum Beispiel von Vögeln, Eichhörnchen, Baummardern und Igeln als Unterschlupf und Brutstätte genutzt. Insekten sammeln in den Blüten Nektar und die Früchte dienen vielen Tieren als Nahrung.

Sommerliches Fäll- und Schnittverbot

Um diese Lebewesen gerade in der Haupt- Fortpflanzungszeit zu schützen, legt das Bundesnaturschutzgesetz ein landesweites Fäll- und Schnittverbot für bestimmte Gehölze vom 1. März bis zum 30. September fest.

§ 39 Artikel 5 Nummer 2 Bundesnaturschutzgesetz

„Es ist verboten Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen….“.

Artenschutz

Gemäß § 39 Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, die Lebensstätten von Wildtieren wie beispielsweise Greifvogelhorste und Baumhöhlen ohne vernünftigen Grund zu zerstören. Gleiches gilt für Ruhe- oder Fortpflanzungsstätten von besonders oder streng geschützten Tieren (geregelt in § 44 Bundesnaturschutzgesetz). Dazu zählen unter anderem alle europäischen Vogelarten, sämtliche in Deutschland vorkommenden Fledermausarten sowie unsere Eichhörnchen.

Unabhängig vom Standort, von der Jahreszeit und den saisonalen Fäll- und Schnittverboten dürfen Gehölze mit Merkmalen, die unter den Artenschutz fallen und beispielsweise aktuell genutzte Vogelnester, Eichhörnchenkobel, Fledermausquartiere oder Winterquartiere von Igeln aufweisen, nur in begründeten Fällen mit Sondergenehmigung der zuständigen Naturschutzbehörde gefällt oder stark beschnitten werden.

Gartenbesitzer oder mit der Fällung beauftragte Firmen sind verpflichtet, sicherzustellen, dass sich keine Ruhe- oder Fortpflanzungsstätten von Tieren in den Gehölzen befinden. Vor allem bei alten Bäumen mit natürlichen Höhlen und Spechtlöchern ist dies sehr wahrscheinlich. Auch im Wald muss der Artenschutz beachtet werden. Sind zum Beispiel Bäume mit Horsten (Nestern) von baumbrütenden Vogelarten wie Schwarzstorch oder Rotmilan bekannt, müssen sie vom Förster markiert und bei der Bewirtschaftung durch eine festgelegte Ruhezone geschützt werden.

Gründe für eine Sondergenehmigung

Eine außerordentliche Fällgenehmigung kann erteilt werden, wenn beispielsweise Baumkrankheiten oder ein Blitzeinschlag vorliegen. Auch Bauvorhaben haben häufig Vorrang vor dem Artenschutz. Aus Gründen der Gefahrenabwehr wie beispielsweise bei akuter Kippgefahr, kann die erforderliche Genehmigung auch nach der Fällung beantragt werden.

Beispiele für Baumkrankheiten, die zum Absterben einzelner Äste oder des ganzen Baumes führen können:

Was kann ich tun?

Wenn der Nachbar einen alten Baum fällen oder stark stutzen möchte und in Ihrer Stadt eine Baumschutzverordnung existiert, dann erkundigen Sie sich beim zuständigen Natur- und Umweltamt oder beim Grünflächenamt, ob eine Genehmigung vorliegt. Falls nicht, erstatten Sie bitte umgehend Anzeige. Auch wenn „das Kind schon in den Brunnen gefallen“ ist. Gleiches gilt unter anderem für in ihren Augen gesunde Straßenbäume während des sommerlichen Schnittverbots.

Im Sommer dürfen Hecken nur leicht zurückgeschnitten werden. Alles andere kann angezeigt werden.
Im Sommer dürfen Hecken nur leicht zurückgeschnitten werden. Alles andere kann angezeigt werden. Foto: © aktion tier, Ursula Bauer

Für Bäume auf öffentlichem Grund (z.B. Parks, städtische Friedhöfe) ist meist keine Fällgenehmigung erforderlich, selbst wenn eine Baumschutzverordnung existiert. Trotzdem muss es einen triftigen Grund geben, den Sie beim zuständigen Grünflächenamt oder beim Ordnungsamt erfragen können.

In akuten Fällen, wenn zum Beispiel Baumfäller bereits die Kettensägen an ein paar alten Bäumen auf dem Friedhof ansetzen und Sie der Meinung sind, dass das nicht Rechtens ist, sollten Sie die Polizei rufen. Das geht meistens schneller, als wenn man sich bei Behörden durchtelefoniert, die oft nur eingeschränkte Erreichbarkeiten haben. Die Polizei kann die Fällung erst einmal stoppen, damit die Fällgründe geklärt und Gegenargumente wie beispielsweise Vogelbruten oder Eichörnchenkobel vorgebracht werden können.

Für Gehölzerhalt kämpfen!

Grundsätzlich ist es schwierig, gegen Baumfällungen oder Gehölzrodungen vorzugehen, die bereits genehmigt wurden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, im Rahmen einer Eingabe oder Petition die zuständige Behörde zu bitten, die Fällgenehmigung noch einmal zu überprüfen. Legt man hierbei neue Informationen vor wie beispielsweise ein Gutachten, welches die Vitalität oder besondere Bedeutung der zu fällenden Bäume darstellt, kann die Behörde die Genehmigung auch zurücknehmen und die Gehölze sind gerettet.

Bürgerproteste gegen Baumfällungen sind oft erfolgreich.
Bürgerproteste gegen Baumfällungen sind oft erfolgreich. Foto: © Ursula Bauer

Auch Protestaktionen helfen, die zu fällenden Bäume in die Öffentlichkeit zu bringen und somit die Behörden zu zwingen, sich erneut damit zu beschäftigen.

Welche Gehölze dürfen wann gefällt oder beschnitten werden?

Bäume in gärtnerisch genutzten Grundflächen

In diese Rubrik fallen sämtliche Bäume, die auf Flächen stehen, die gärtnerisch gestaltet sind und gepflegt werden. Hierunter fallen zum Beispiel Parks und Grünanlagen, Friedhöfe und Sportanlagen, aber auch Kleingartenanlagen und private Hausgärten.

Was ist verboten?
Diese Bäume dürfen theoretisch das ganze Jahr über gefällt oder stark zurückgeschnitten werden. Es gibt jedoch einige Einschränkungen.

  • Baumschutzrechtliche Vorgaben müssen beachtet werden
    In zahlreichen deutschen Städten und Kommunen wie etwa Rostock, Berlin, Dresden, Freiburg und München gibt es ganzjährig geltende baumschutzrechtlichen Vorschriften, die unbedingt beachtet werden müssen. Diese lokalen Baumschutzverordnungen oder -satzungen stellen in der Regel Nadel- und Laubbäume (meist außer Obstbäume) unter Schutz, die älter sind und daher größere Stammumfänge aufweisen. Wer einen Baum ab 60 cm Stammumfang (gemessen in ca. 1,20m Höhe) fällen oder beschneiden möchte, sollte sich daher erkundigen und gegebenenfalls eine Ausnahmegenehmigung beim Umwelt- und Naturschutzamt beantragen. Diese werden in der Regel jedoch nur erteilt, wenn der Baum zum Beispiel krank oder umsturzgefährdet ist. Außerdem sind meistens Ersatzpflanzungen fällig.

    Wer Bäume unter Mißachtung der lokalen Baumschutzverordnung ohne Genehmigung fällt, muß mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro sowie der Anordnung von Ersatzpflanzungen rechnen.
  • Die artenschutzrechtlichen Aspekte müssen beachten werden (siehe Kapitel Artenschutz)

Ausgenommen sind meistens Bäume auf Dachgärten sowie in Gärtnereien und Baumschulen. Auch Bäume in Grünanlagen fallen meistens nicht unter die lokalen Baumschutzverordnungen.

Hecken, Sträucher, Gebüsche und sogenannte lebende Zäune

Unter diese Rubrik fallen Hecken, Sträucher und Gebüsche auf allen Standorten außer an Straßen sowie lebende Zäune. Dabei handelt es sich um lineare Strauchpflanzungen, die anstelle eines „toten“ Zaunes (Mauer, Metall- oder Holzzaun) zur Eingrenzung von Grundstücken gepflanzt werden.

Ausdauernde Rankpflanzen an Zäunen, Mauern oder Gebäuden gelten übrigens auch als Hecke!

Was ist verboten?
Die oben genannten Gehölze dürfen zwischen dem 1.und dem 30. September weder entfernt noch stark zurückgeschnitten werden. Natürlich ist auch das sogenannte „Auf- den-Stock- setzen“, bei dem ein Rückschnitt bis etwa 20cm über dem Boden erfolgt, in den Sommermonaten verboten.

Soll beispielsweise wegen dringender Baumaßnahme die Ligusterhecke auf dem Grundstück entfernt werden, muss eine Befreiung vom Sommerrodungsverbot nach § 39 BNatSchG (Sommerrodungsverbot) beantragt werden. Wer Gehölze im Verbotszeitraum ohne Sondergenehmigung beseitigt oder radikal zurückschneidet, muß, je nach Bundesland und Länge der Hecke, mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro rechnen.

  • Die artenschutzrechtlichen Aspekte müssen beachten werden (siehe Kapitel Artenschutz)

Was ist erlaubt?
Der Zuwachs des vergangenen Jahres darf gekürzt werden. Dies gilt als Pflegeschnitt. Auch leichte Formschnitte oder das Auslichten von Totholz sind erlaubt. Alles unter dem Vorbehalt, dass die Vorgaben des Artenschutzes eingehalten werden und sich zum Beispiel keine aktuellen Brutstätten von Tieren im Geäst befinden.

Bäume und Sträucher an Straßen sowie Einzelbäume in der freien Landschaft

Was ist verboten?
Diese Gehölze dürfen zwischen dem 1. und dem 30. September weder gefällt noch gerodet oder radikal gestutzt werden. Es gibt jedoch Ausnahmen.

Liegen gute Gründe (z.B. Kippgefahr durch Krankheit) vor, können Bäume auch während des Sommerschnittverbots gekappt oder gefällt werden. Wurde ohne Genehmigung gefällt, drohen Geldbußen von bis zu 10.000 Euro.

  • Zusätzliche Schutzbestimmungen müssen beachtet werden
    Meistens fallen Straßenbäume nicht unter die lokalen Baumschutzverordnungen. Alleen oder landschaftsprägende Einzelbäume können jedoch in den Naturschutzgesetzen der Länder als ganzjährig geschützter Biotoptyp geführt sein. Gehölze, die unter Denkmalschutz stehen (Naturdenkmal) oder in Naturschutzgebieten stehen unterliegen ebenfalls strengeren Schutzvorgaben unabhängig vom sommerlichen Schnitt- und Fällverbot.
  • Die artenschutzrechtlichen Aspekte müssen beachten werden (siehe Kapitel Artenschutz)

Was ist erlaubt?
Falls sich keine aktuellen Vogelbruten, Eichhörnchenkobel o.ä. in den Gehölzen befinden sind Pflegeschnitte oder moderate Formschnitte auch im Sommer erlaubt. Die meisten Straßenbäume müssen aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht regelmäßig beschnitten werden, damit sie keine Gefahr zum Beispiel durch herabfallende Äste darstellen.

Bäume im Wald und auf Kurzumtriebsplantagen

Wald ist jedem ein Begriff, aber was sind Kurzumtriebsplantagen? Hierbei handelt es sich um Anpflanzungen schnellwachsenden Baumarten zur Produktion von Holz-Hackschnitzeln

Diese Gehölze dürfen das ganze Jahr hindurch gefällt oder stark zurückgeschnitten werden.

  • Die artenschutzrechtlichen Aspekte müssen beachten werden (siehe Kapitel Artenschutz)

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.