Insekten, Spinnentiere und Schnecken

Ja, spinnen die?

Im späten Frühjahr stechen sie wieder an Waldrändern, in Gärten und Parks ins Auge: kahlgefressene und mit einem silbrig glänzenden Gewebe überzogene Bäume und Sträucher. Was oder wer hinter diesen Schleiern steckt, erfahren Sie hier-

Die von den Raupen kahlgefressenen, eingesponnenen Bäume und Sträucher sehen gespenstisch aus.
Die von den Raupen kahlgefressenen, eingesponnenen Bäume und Sträucher sehen gespenstisch aus. Foto: Ursula Bauer

Es sind die gefräßigen Raupen von Gespinstmotten der Gattung Yponomeuta, die teilweise ganze Gehölzgruppen einweben. In Deutschland kommen 9 Arten dieser kleinen Nachtfalter vor. In den dichten, weißen Geflechten leben sie teilweise zu Hunderten zusammen und fressen die Blätter der Wirtspflanze. Häufig bevorzugen die Insekten, je nach Art, ganz bestimmte Laubgehölze wie Schlehdorn, Weißdorn, verschiedene Obstsorten, Traubenkirsche, Pappeln und Weiden. Häufig findet sich diese Wirtsspezifität im Artnamen. So gibt es unter anderem die Pfaffenhütchen- und die Traubenkirschen-Gespinstmotte.

Die an Spinnennetze erinnernden und aus Sekretfäden hergestellten Gewebe schützen die Larven vor Regen und Fressfeinden wie Raubwanzen, Raupenfliegen und Vögeln. Ab Juni verpuppen sich die Raupen in den Gespinstnestern meist im unteren Bereich der abgefressenen Bäume. Zwischen Juni und August schlüpfen dann die fertigen Motten und verpaaren sich. Die Weibchen legen ihre Eier auf Knospen und Zweige der bevorzugten Gehölze und umgeben sie mit einem braunen, hart werdenden Sekret. In dieser Schutzhülle verbringen die frisch geschlüpften Räupchen den Winter. Im kommenden Frühjahr fressen die Jungraupen erst Knospen und das Innere von Blättern, bis sie mit zunehmendem Alter schließlich gemeinsam mit ihren „Geschwistern“ die großen, namengebenden Gespinste bauen.

Manche Fachleute sind der Meinung, dass das Massenauftreten der Gespinstmotten aufgrund des Klimawandels aktuell häufiger als früher stattfindet, da die Falter trockenwarme Witterung bevorzugen.

Ein gesunder Busch oder Baum übersteht den Kahlfrass und treibt bald wieder aus.
Ein gesunder Busch oder Baum übersteht den Kahlfrass und treibt bald wieder aus. Foto: Ursula Bauer

Während die Gehölze in freier Natur, Gärten und Parks den Massenbefall meist überstehen und nach 2-3 Wochen wieder Blätter austreiben, richtet der Knospen- und Blattfraß im Obstbau manchmal großen Schaden an. Gartenbesitzer und Obstbauer können nur zu Beginn des Befalls eingreifen, da die vollausgebildeten Geflechte die Insekten sogar gegen Gift schützen. Geeignete Maßnahmen sind beispielsweise das Abkratzen der EiGelege im Winter, das Absammeln der Jungraupen im Frühjahr und die Entfernung erster Gespinste. Auch der Einsatz natürlicher Fressfeinde wie Schlupfwespen oder Erzwespen scheint sich bewährt zu haben.

Die Falter der verschiedenen Gespinstmotten-Arten (Yponomeuta spec.) sind meist höchstens 2,5 cm groß und nur schwer zu unterscheiden. Obwohl es sich um Nachtfalter handelt, sind die hübschen Insekten oft auch am Tage unterwegs.

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.